Österreichs Feuerwehren haben häufig mit Unfallfahrzeugen zu tun. Das zeigt sich, wenn man sich die Zahlen von Unfällen und Feuerwehreinsätzen in Österreich anschaut: Rund 23.000 Einsätze nach Verkehrsunfällen gaben die Landesfeuerwehrverbände für das Jahr 2019 (ohne Vorarlberg) an. Die Statistik Austria erfasst alle Verkehrsunfälle mit Personenschaden (auch ohne Einsatz der Feuerwehr): Dabei wurden in den letzten Jahren etwa mehr als 35.700 Unfälle jährlich gezählt. Im Zehn-Jahres-Vergleich ist diese Zahl stabil. Bei diesen Verkehrsunfällen wurden 2019 ca. 45.000 Personen verletzt – es ereignen sich also durchschnittlich täglich rund 100 Unfälle mit 120 Verletzten auf Österreichs Straßen, etwa bei zwei Drittel davon wird auch die Feuerwehr gerufen.
Unterstützung der Feuerwehr bei ihren Einsätzen
Mit 15. April 2021 ist ein neues Web-Service des beim Österreichischen Versicherungsverband VVO eingerichteten KFZ-Zulassungssystems (KFA) erfolgreich in Betrieb gegangen. Es wurde in höchst effizienter Zusammenarbeit gemeinsam mit den österreichischen Feuerwehren entwickelt und soll deren Einsätze bestmöglich unterstützen, verbessern und erleichtern.
Das Ziel für die Entwicklung und Implementierung des Web-Services war der Wunsch der Feuerwehren auf bestimmte Kraftfahrzeug-Daten im bzw. vor dem tatsächlichen Einsatzfall zugreifen zu können. Es handelt sich dabei um einen automationsunterstützten Zugriff auf technische Daten zu den involvierten Kraftfahrzeugen per Kennzeichen aus der Zulassungsdatenbank im konkreten Feuerwehr-Einsatzfall.
Denn in der Vergangenheit hat sich bei Einsätzen und deren nachträglicher Analyse gezeigt, dass wertvolle Zeit durch die Erhebung von Details zu involvierten Kraftfahrzeugen verstreicht bzw. notwendige Information nicht oder zumindest nicht rasch genug eruiert werden konnten.
Der nun ermöglichte direkte Zugriff ist notwendig geworden, da die Fahrzeugtechnologie immer moderner wird. Es kommen viele technische Raffinessen zum Einsatz, die das Autofahren zwar komfortabler und sicherer machen, die unmittelbaren Folgen von Verkehrsunfällen aber wesentlich verändert haben. Die Einsätze der Rettungskräfte sind damit komplizierter bzw. anspruchsvoller geworden. Es reicht nicht mehr aus, die eine (Grund-)Ausrüstung zu besitzen und zu verwenden, die in nahezu allen Fällen genügt und zum Erfolg führt. Vielmehr sieht sich die Feuerwehr oft mit einem Fahrzeug konfrontiert, das sich – nach Vorgaben der Konstrukteure – im Unfallszenario etwa regelrecht „zusammengefaltet“ hat, um die Aufprallenergie zu absorbieren und seine Insassen zu schützen. Zusätzlich finden sich im Wrack Sicherheitssysteme und Bauteile, die allesamt ihre Zwecke und Berechtigung haben, aber bei der technischen Menschenrettung zur Gefahr für Retter und Unfallopfer werden können. So stellen Airbags in der Fahrgastzelle, die noch nicht ausgelöst wurden, eine Gefährdung dar. Es existieren schwer zu durchbrechende Karosserieverstärkungen aus hochfesten Materialien sowie pyrotechnische Aktoren (Fußgänger-Aufprallschutz, Gurtstraffer). Auch alternative Antriebswege verändern die Einsatzmethoden und verlangen eine Anpassung bisher erfolgreicher Verhaltensmuster im Einsatzfall. Die Live-Abfrage von technischen Fahrzeugdaten aus der Zulassungsdatenbank kann dabei eine Hilfestellung bei der Entscheidungsfindung sein.
In Absprache mit Experten aus den Landesfeuerwehrverbänden hat man sich darauf geeinigt, dass dieser direkte Zugriff – anhand der Kfz-Kennzeichen – die verlässlichste Methode darstellt, um Unfallfahrzeuge eindeutig zu identifizieren.
Der Zugriff darf – so sieht es das Gesetz vor (§ 47 Abs 4d KFG) – nur im Einsatzfall erfolgen. Für Übungen steht der Feuerwehr eine Testabfrage/Übungslandschaft mit voreingestellten Fahrzeugen mit verschiedenen Antriebsarten zur Verfügung. Das Portal steht allen Feuerwehren in Österreich, das sind Berufs- und Betriebsfeuerwehren sowie freiwillige Feuerwehren, kostenlos zur Verfügung. Es funktioniert über eine mobile Website.
Je früher man innerhalb des Ablaufes der Rettungskette technische Informationen zu involvierten Fahrzeugen zur Verfügung hat und man die Fahrzeuge daher eindeutig identifizieren kann, umso besser. Für Laien ist die genaue Identifizierung eines Fahrzeugmodells durch bloße Betrachtung kaum möglich. Auch Feuerwehrmitglieder haben dieses Wissen in der Regel nicht – und können keinen aktuellen Überblick über alle Fahrzeugtypen und deren Besonderheiten haben. Immerhin waren 2019 in Österreich mehrere Millionen Pkws von mehr als 120 verschiedenen Marken zugelassen. Ist das Fahrzeug nach einem Unfall stark beschädigt oder fehlen eindeutige Hersteller-Kennzeichnungen („Hybrid“, „eDrive“, „zero Emission“ usw.), so ist eine Identifikation selbst vor Ort nur mehr über weitere Quellen möglich.
Es gilt daher sofort bei Eintreffen des Einsatzleiters am Unfallort höchst wichtige Entscheidungen und Vorkehrungen zu treffen. Dabei geht es vor allem um die Wahl der richtigen und effizientesten Lösch- bzw. Rettungsmethode, die Auswahl von dabei verwendeter Ausrüstung und Material, Entscheidungen über die Mannschaftsgröße und Zusammensetzung sowie über Sicherheitsmaßnahmen. All diese Umstände sind für den Erfolg eines Rettungseinsatzes maßgeblich und tragen dazu bei Leben zu retten, Gesundheitsbeeinträchtigung zu verringern bzw. zu mindern und Unfallkausale Folgeschäden nach Möglichkeit einzudämmen.
Kann nämlich etwa die Antriebs- und/oder Kraftstoffart vorab bestimmt werden, wissen die Einsatzkräfte welche Ausrüstung sie benötigen und welche Löschmethode sie am besten anwenden können. Aufgrund der Art und des Gewichts des verunglückten Fahrzeugs kann vorab entschieden werden, welches Einsatz- bzw. Bergungsfahrzeug eingesetzt werden soll.
Dieses neue System ermöglicht über die Kraftfahrzeug-Kennzeichen-Abfrage auf die technischen Daten in der Zulassungsdatenbank zuzugreifen, sie gibt keine Daten zum Fahrzeughalter bekannt. Die Abfrage ist für beinahe alle österreichischen Kennzeichen möglich. Liegt ein Wechselkennzeichen vor, generiert das System einen Hinweis und liefert die Daten aller auf das Wechselkennzeichen laufenden Fahrzeuge.
Der Einsatzleiter kann die Abfrage einfach und rasch über elektronische Geräte (PCs, mobile Geräte aber vor allem auch Tablet und Smartphone) ausführen. Zumindest ein Smartphone steht beinahe in jeder Situation einsatzbereit zur Verfügung. Die Übertragung ist unmittelbar, im Vergleich zur früheren Weitergabe bzw. Eruierung von Fahrzeugdaten etwa über Funk, zeitsparend und verhindert Übertragungsfehler.